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Veröffentlicht am: 29. September 2025

Lisa D. Cook, Gouverneurin und Professorin Zielscheibe von Donald Trump

kommentiert von Mascha Madörin

Als Donald Trump am 25. August 2025 die Gouverneurin der Federal Reserve Bank, Professorin für Ökonomie und Internationale Beziehungen Lisa D. Cook (*1964) fristlos aus vom Vorstand der Federal Reserve Bank (Fed) von Chicago entlassen wollte, erklärte Cook postwendend, dass sie sich das nicht bieten lässt. Inzwischen hat sie zwei Prozesse gewonnen, welche die Entlassung provisorisch aufgehoben haben. Ein definitiver Entscheid steht noch aus. Dabei geht es um die Fragen, ob erstens die Beschuldigungen gegen Cook überhaupt stimmen und ob zweitens diese schwerwiegend genug sind, um eine Entlassung durch die US-Regierung zu begründen. Cook, so lautet die Anklage, habe 2021 bei Immobilienkäufen zweimal angegeben, dass es sich beim Kauf um ihren zukünftigen Wohnsitz handle. Sie habe damit zweimal Hypotheken-Vergünstigen ergaunert. Bis jetzt sind zwei Dokumente in der Öffentlichkeit aufgetaucht, welche dieser Beschuldigung zu widersprechen scheinen (Financial Times 13.09.2025).

Die Ökonomin wurde von US-Präsident Joe Biden im Jahr 2022 in den Vorstand der Federal Reserve Bank von Chicago berufen. Mit ihrer Wahl für fünf Jahre hat sie Einsitz im Gremium der US-Federal Reserve Bank (Fed = Nationalbank), das periodisch über die Höhe des Zinssatzes der Fed entscheidet. Sie wurde damals im Senat knapp, mit der entscheidenden Stimme der damaligen Vize-Präsidentin Kamala Harris gewählt. Sie ist die erste afro-amerikanische Frau mit einem so hohen Amt im Fed.

Für Trump ist Cook in jeder Hinsicht ein rotes Tuch. Nicht nur wurde sie von Biden in dieses hochkarätige Amt berufen, sie repräsentiert auch sonst fast alles, was Trump ohnehin hasst: Sie ist Afro-Amerikanerin, eine Frau und eine engagierte Kämpferin gegen die Diskriminierung von Frauen und Minoritäten und gegen Sexismus. Ihre Eltern waren mit dem Bürgerrechtler Martin Luther King befreundet. Sie gehört zu der ersten Generation schwarzer Kinder, die in Schulen von Weissen umgeteilt wurden. An der Jahreskonferenz 2018 des Berufsverbands «American Economic Association (A.E.A.) war sie prominent daran beteiligt, dass die Themen Diskriminierung von Minderheiten und Frauen, sexuelle Gewalt und Mobbing auf den Tisch kamen. Eine spätere Untersuchung zeigte, dass afro-amerikanische Frauen am meisten davon betroffen sind. Ben Bernanke, der frühere Fed-Präsident, und damals Präsident der A.E.A, gab zu, dass die Ökonomen «unglücklicherweise den Ruf haben, feindlich gegen Frauen und Minoritäten» eingestellt zu sein. (The New York Times 10.1.2019). Alice H. Wu, eine Doktorandin der Harvard Universität, untersuchte die Online-Gespräche von Ökonomen im Jahr 2017 und stellte darin offenkundigen Sexismus fest (The New York Times 20.09.2019).

Zusammen mit der 32 Jahre jüngeren Anna Gifty Opoku-Agyeman1Soeben (am 16. September 2025!) ist ein Buch, der inzwischen knapp 30-jährigen Opoku-Agyeman erschienen mit dem Titel «The Double Tax: How Women of Colour are Overcharged and Underpaid» www.amazon.de/Double-Tax-Overcharged-Underpaid-English-ebook/dp/B0F8HB4Q7M?ref_=ast_author_mpb#, Ökonomin und damals (2019) Forscherin an der Harvard Universität, veröffentlichte Cook in der New York Times (30.09.2019) einen vielbeachteten Meinungsartikel mit dem Titel «Es war ein Fehler, dieses Fach zu wählen». Beim Titel handelt sich um ein Zitat aus einem Gespräch mit einer ihrer Studentinnen. 2017 machten Afro-Amerikanerinnen 6,8 Prozent der Bachelor-Abschlüsse in Sozialwissenschaften aus, aber nur 2 Prozent der Abschlüsse in Ökonomie.

Die zu kleine Anzahl von Frauen und Minderheiten im Studium der Ökonomie und ihre begrenzten Berufsaussichten sind eine Sache, eine andere dreht sich um die Frage, zu welchen Themen in den Wirtschaftswissenschaften überhaupt geforscht und gearbeitet werden kann – ein Dauerthema auch für die feministische Ökonomie. Anfangs der 2000er-Jahre forschte Cook zur Geschichte der Gewalt, denen Afro-Amerikaner:innen nach dem Ende des Sklavenhandels im Zeitraum von1870 bis 1940 ausgesetzt waren, und wie sich diese auf das wirtschaftliche Fortkommen der Afro-Amerikaner:innen ausgewirkt hat. Sie zeigte in ihrer Forschung, dass im Jahr 1899 die Anzahl der Patente für afro-amerikanische Erfindungen, verglichen mit dem Anteil der afro-amerikanischen an der gesamten Bevölkerung, den Höhepunkt erreichten und höher waren als selbst 100 Jahre später. Sie führt das auf die Eskalation der rassistischen Gewalt im 20. Jahrhundert zurück. Für diese Forschung interessierte sich keiner ihrer Kollegen. Schlussendlich wurde sie von älteren, etablierteren Ökonomen, darunter drei Nobelpreisträger, dazu ermutigt. Im Jahr 2005 sandte Cook das erste Mal den Artikel zu den Forschungsresultaten an eine renommierte Zeitschrift, wo der Artikel von Gutachtern überprüft und abgewiesen wurde. Das Prozedere der Begutachtung dauert meist lange, sagte Cook in einer Sendung von NPR (National Public Radio). Die Gutachter:innen stellen kritische Fragen zum Text, die Autor:innen korrigieren daraufhin den Artikel, erst danach wird entschieden, ob der Artikel veröffentlicht wird. Cook hat diesen Artikel fünf Mal zur Veröffentlichung eingereicht, erst 2014 wurde er im «Journal of Economic Growth» veröffentlicht.2Lisa D. Cook (2014): Violence and economic activity: evidence from African American patents, 1870-1940. In: Journal of Economic Growth (2014) 19.221-257 Also nach neun Jahren. Was laut Cook bei dieser langwierigen Veröffentlichungsgeschichte fast noch bemerkenswerter ist, seien einige eigenartige Fragen der Gutachter:innen gewesen, die schlicht Wegs auf eine «Unkenntnis der Wirtschaftsgeschichte und ihrer Kontexte» zurückzuführen sind.3NPR Story Of A Paper, Sendung vom 11. Juni 2020, Transkript, www.npr.org/transcripts/875445743

Trump ist fest entschlossen, die wichtigsten Gremien des Fed möglichst schnell mit Mehrheiten der eigenen Leute zu besetzen, noch vor Ende von deren Amtszeiten, die fünf Jahre dauern. Aber das darf er nicht. Nur in sehr schwerwiegenden Fällen kann die US-Regierung Personen in hohen Funktionen des Fed entlassen. Das Fed soll unabhängig von der Regierung sein. Zum willkürlichen Vorgehen von Trump haben nun über 600 Ökonom:innen einen offenen Brief an die US-Regierung, an den Kongress und die Öffentlichkeit geschrieben, zur «Unterstützung der Gouverneurin Lisa Cook und der Unabhängigkeit des Fed». Sie warnen vor der Missachtung der Gesetze, der Einmischungen und der Willkür der US-Regierung in Sachen Federal Reserve Bank. Diese hätten unabsehbar schwere Konsequenzen für die Glaubwürdigkeit des Dollars als Weltwährung.4An Open Letter from Economists in Support of Governor Lisa Cook and Federal Reserve Independence, tatyanaderyugina.github.io/fed-open-letter/FedIndependenceOpenLetterFinal.pdf

Beitragsbild: Par Federalreserve — Official portrait of Governor Lisa D. Cook: Cook_Lisa_8x10_June_29_22-316_pp, Domaine public, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=122460633

Kategorien: Blog
Schlagwörter: Lisa D. Cook, Louisa Roos, Mascha Madörin, Trump

Fussnoten

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