Der zweite Analyse- und Diskussionsstrang etablierte sich als Antwort auf die Politik, die den überschuldeten Ländern des globalen Südens im Zuge der Finanzkrise der 1980er und 1990er Jahre aufgezwungen wurde. Die Ökonom*innen des globalen Südens benannten den katastrophalen Sparzwang für die verschuldeten Staaten und kritisierten die Liberalisierungsmassnahmen im internationalen Handel. Sie sind die Basis der bis heute geführten feministischen Neoliberalismus-Kritik. Aus diesen Diskussionen sind in vielen Ländern Projekte zur Analyse der Auswirkungen von Staatsfinanzen auf Frauen und die Geschlechterverhältnisse entstanden. Zwei Fragen sind darin zentral: Wo spart der Staat auf Kosten der Frauen? Und: was müsste der Staat finanzieren, um die Geschlechterungleichheit zu verkleinern und nicht zu vergrössern?
Wir knüpfen an diese beiden Stränge mit der Frage an: Wie kann der für das Leben und Überleben zentrale Sektor der Sorge- und Versorgungswirtschaft zukünftig finanziert und organisiert werden, ohne sich auf die finanzielle und zeitliche Ausbeutung von Frauen und anderen unter- und unbezahlten Arbeitskräften zu verlassen?