«Wenn man von Gleichstellung spricht, muss man von gleichen Renten sprechen, nicht von gleich hohem Rentenalter»
Lücken in der Debatte um die AHV 21
Die AHV 21 steht auf der Kippe. Streitpunkt: Frauen sollen länger Erwerbsarbeit leisten, was faktisch eine Kürzung der Renten bedeutet. Doch die AHV isoliert zu betrachten, ist eine Scheindiskussion, die an der Lebensrealität der Rentnerinnen vorbeizielt. Denn übers Ganze gesehen sind die Renten der Frauen laut aktuellsten Erhebungen um durchschnittlich 35 Prozent tiefer als die der Männer. Nicht, weil Frauen weniger arbeiten, sondern weil sie weniger verdienen.
Dies aus drei Gründen. Erstens aufgrund unterschiedlicher Löhne für die gleiche Arbeit: Mutterschaft, häufigere Unterbrüche, mehr Teilzeitarbeit sowie aufgrund des sogenannt nicht erklärbaren Teils, den wir unter dem Begriff Lohndiskriminierung kennen. Zweitens aufgrund unterschiedlicher Löhne zwischen männlich und weiblich dominierten Branchen. Alles zusammen ergibt den Gender Pay Gap. Drittens, und das schenkt richtig ein: wegen der unbezahlten Arbeit, die sie mehr leisten als Männer.
Die AHV zeigt, dass es möglich ist, unbezahlte Arbeit zu versichern. Das müsste man ausbauen. Doch der Diskurs um die AHV hat sich in den letzten Jahrzehnten zugunsten der Pensionskassen verschoben. Die Forderung nach einer Existenzsicherung durch die AHV ist schwächer geworden, obwohl sie in der Verfassung verankert wäre und nicht erfüllt wird. Stattdessen haben sich die Pensionskassen als Versicherungslösung durchgesetzt, weil die Renten ohne Beiträge aus der zweiten und dritten Säule nicht existenzsichernd sind. Das ist der eigentliche Skandal. Deshalb in aller Deutlichkeit: Wer über die AHV spricht, muss auch über die Pensionskassen sprechen, wer über Pensionskassen spricht, muss über die Löhne sprechen. Und über unbezahlte Arbeit.
Wir durften mit Daria Wild für die Republik über die Lücken in der Debatte um die Altersvorsorge sprechen und über unsere Arbeit bei Economiefeministe. Der Beitrag «Wenn man von Gleichstellung spricht, muss man von gleichen Renten sprechen, nicht von gleich hohem Rentenalter» wurde am 08.09.2022 publiziert: republik.ch/2022/09/08/es-gibt-eine-frauenfeindliche-tradition-in-diesem-land (09.09.2022)
In unserem Dossier Altersvorsorge finden sind weitere Beträge zum Thema – unter anderem fünf relevante Fakten aus einer feministisch-ökonomischen Perspektive in unserem Faktenblatt Frauen und die Altersvorsorge: Was wir wissen müssen.
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