Jobgarantie und Grundeinkommen
Fachlich begleitete Lesegruppe
An drei Abenden im Januar 2024 wollen wir im Rahmen einer Lesegruppe zu Jobgarantie und Grundeinkommen eine fachliche Einführung in unterschiedliche ökonomische Ansätze und Argumentationen vermitteln und weiterführende Debatten zu wirtschaftspolitischen Konzepten aus feministischer Sicht moderieren.
Ein Ansatz sind das Plädoyer und die Texte von Pavlina Tcherneva zur Jobgarantie. Der Staat soll demnach für Menschen ohne Einkommen oder prekär Beschäftigte öffentliche Jobs schaffen. Tcherneva geht davon aus, dass es gesellschaftlich viel zu tun gibt, das für unser Wohlergehen notwendig wäre, aber bisher nicht geleistet wird. Wir wollen der Frage nachgehen, was das Konzept der staatlichen Jobgarantie in Bezug auf Care-Tätigkeiten für Menschen, lokale Gemeinschaften und die Umwelt zu bieten hat.
Weiter ist die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens ein alternativer Reformvorschlag, der seit Jahren wachsende Aufmerksamkeit erhält, dabei aber nach wie vor kontrovers diskutiert wird.
Beide Vorschläge, Grundeinkommen und Jobgarantie, werden häufig als Lösung für dieselben Probleme beschrieben – wie zum Beispiel der zunehmenden Unsicherheit, wachsender Ungleichheit, Armut und Erwerbslosigkeit. Wobei die Reformvorschläge meist als konkurrierend verstanden werden. Daneben gibt es aber auch Autor*innen, die eine Vereinbarkeit beider Vorschläge betonen. Ausserdem kann überlegt werden, welche flankierenden Massnahmen den Erfolg eines Grundeinkommens oder einer Jobgarantie beeinflussen könnten. Wir möchten die Argumente für und gegen beide Ansätze genauer anschauen und hinterfragen. Ebenso sollen ihre jeweiligen Grenzen beleuchtet werden. Die jeweiligen Interessen und Fragestellungen der Teilnehmer*innen werden dabei angemessen Raum erhalten.
Wann, wie, wo
Wann: 15. / 22. / 29. Januar jeweils um 19:00 Uhr.
Wo: online per Zoom.
Voraussetzung: Lesen der vorbereitenden Lektüre.
Kosten: keine.
Anmeldung: bis 8. Januar 2024 an plattform@economiefeministe.ch. Mit vollständigem Namen, Wohnort, Email-Adresse und kurzer Angabe über die Motivation zur Teilnahme.
Pflichtlektüre
Für den ersten Abend: Pavlina R. Tcherneva (2021): Plädoyer für eine Jobgarantie. Lola Books (Verlag), 978-3-944203-57-7 (ISBN).
Für den zweiten Abend werden die Texte im Vorfeld verschickt:
- Fitzroy, F., & Jin, J. (2018): Basic Income and a Public Job Offer: Complementary Policies to Reduce Poverty and Unemployment. Journal of Poverty and Social Justice, 26(2), 191–206.
- Szlinder, M. (2019): The Job Guarantee. In: Malcolm Torry (ed.): The Palgrave International Handbook of Basic Income. Cham: Palgrave Macmillan, 222–225.
- WIDE Switzerland (2012): Aus Sicht feministischer Ökonomie: Kritische Einwände zum bedingungslosen Grundeinkommen. Diskussionspapier des WIDE-Debattierclubs.
Programm
Erster Abend, 15. Januar 2024, 19.00 Uhr
Wir besprechen den Text von Pavlina Tcherneva: Plädoyer für eine Jobgarantie. Alle, die bezahlte Arbeit suchen, sollen sie auch bekommen – und zwar zu einem existenzsichernden Lohn mit regulären Sozialleistungen. Eine Utopie? Nein, besagt der Ansatz der Jobgarantie. Er geht davon aus, dass es viel Sinnvolles und Wichtiges für unser Leben zu tun gäbe und dass es Menschen gibt, die diese Arbeit aus den verschiedensten Gründen auch tun wollen, nur: Das Geld dazu fehlt. Eine staatliche Jobgarantie, welche vom Staat als Arbeitgeber der letzten Instanz ausgeht, könnte diesem Missstand Abhilfe verschaffen.
Zweiter Abend, 22. Januar 2024, 19.00 Uhr
Die Anzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen zum bedingungslosen Grundeinkommen ist in den letzten Jahren unüberschaubar geworden. Wir versuchen dennoch eine knappe Einführung in die Idee, den Stand der Debatten rund um Finanzierungsvorschläge und ökonomische sowie gesellschaftlich erwartbare Effekte sowie einen Ausblick auf noch offene Fragen.
Dritter Abend, 29. Januar, 19.00 Uhr
Diskussion, weitere Gegenüberstellung von Jobgarantie und Grundeinkommen: Schliessen sich die Vorschläge aus, oder lassen sie sich vielleicht auch sinnvoll kombinieren? Was sind mögliche Bereiche, die geeignet wären für die staatliche Jobgarantie? Welche weiteren oder flankierenden Reformvorschläge könnten sinnvoll sein, um die sozialökologische Transformation und die 17 SDG (Social Development Goals der Vereinten Nationen) zu verwirklichen? Und welche Chancen auf Implementierung sehen wir?
Kursleiterinnen
Gudrun Kaufmann ist Volkswirtin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Freiburger Institut zur Grundeinkommensforschung (FRIBIS) an der Universität Freiburg.
Ursula Scheidegger ist Mitbegründerin von Economiefeministe und Politikwissenschaftlerin. Sie hat jahrelang in Johannesburg gearbeitet und geforscht zu Gender Studies, Frauenrechten zum Problem von Gewalt und zu Demokratisierung und Partizipation.
Therese Wüthrich ist Mitbegründerin von Economiefeministe und hat seit den siebziger-Jahren an zahlreichen feministischen und gewerkschaftlichen Projekten mitgearbeitet.
Weiterführende Literatur zum Grundeinkommen
Appel, M. / Prainsack, B. (erscheint im Januar 2024): Arbeit – Care – Grundeinkommen. Wien, Berlin: Mandelbaum Verlag.
Blaschke, R. / Praetorius, I. / Schrupp, A. (Hg.) (2016): Das Bedingungslose Grundeinkommen. Feministische und postpatriarchale Perspektiven. Sulzbach: Ulrike Helmer Verlag.
Fischer, U. (2018): Eine feministische Utopie? Grundeinkommen und Geschlechtergerechtigkeit. In: Butterwegge, C. / Rinke, K. (Hg.): Grundeinkommen kontrovers. Plädoyers für und gegen ein neues Sozialmodell. Weinheim, Basel: Beltz/Juventa, S. 93-112.
Torry, M. (2023): A Research Agenda for Basic Income. Cheltenham: Edward Elgar.
Torry, M. (Ed.) (2023): The Palgrave International Handbook of Basic Income. 2nd ed. Cham: Palgrave Macmillan.
Van Parijs, P. / Vanderborght, Y. (2017): Basic Income. A Radical Proposal for a Free Society and a Sane Economy. Cambridge: London.
Winker, G. (2021): Solidarische Care Ökonomie. Revolutionäre Realpolitik für Care und Klima. Bielefeld: Transcript Verlag.