Unter den Schlusslichtern Europas
Die Schweiz, Deutschland, Italien, Österreich und die Niederlande schneiden schlecht ab im europäischen Vergleich der Einkommenslücken
Der Gender Overall Earnings Gap (GOEG) beziffert die gesamte Einkommenslücke zwischen den Geschlechtern. Das heisst, er berücksichtigt einerseits, dass Frauen für ihre Arbeit schlechter bezahlt werden als Männer (Gender Pay Gap) und andererseits, dass sie für einen sehr viel grösseren Anteil ihrer Arbeit überhaupt nicht bezahlt werden.
Während das Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat) bereits seit 2010 Zahlen zum GOEG veröffentlicht1Eurostat: Geschlechtsspezifische Gesamteinkommensunterschiede. data.europa.eu/data/datasets/u1kdkwojxcrkskyaccjuw?locale=de (25.05.2023) liegen seit September 2022 auch Zahlen des Bundesamtes für Statistik vor – dank einem Postulat (19.4132) von Samira Marti, welches sie 2019 erfolgreich im Nationalrat zur Abstimmung brachte.2Bundesrat, 2022: Erfassung des Gender Overall Earnings Gap und anderer Indikatoren zu geschlechterspezifischen Einkommensunterschieden. Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates 19.4132 Marti Samira vom 25. September 2019. www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/wirtschaftliche-soziale-situation-bevoelkerung/gleichstellung-frau-mann.assetdetail.23325426.html (25.05.2023) Für das Jahr 2018 betrug der GOEG in der Schweiz 43 Prozent. Das heisst, Frauen verfügen über fast die Hälfte weniger Einkommen als Männer – obwohl sie ungefähr gleich viele Stunden arbeiten. Der europäische Ländervergleich zeigt: damit gehört die Schweiz in puncto Einkommenslücke zusammen mit Deutschland, Italien, Österreich und der Niederlande zu den Schlusslichtern Europas.
Louisa Roos hat nun diesen GOEG für Economiefeministe in Franken und Euro berechnet und damit eine Schätzung der Ökonomin Mascha Madörin bestätigt: Die jährliche Einkommenslücke der Frauen in der Schweiz beträgt rund 100 Milliarden Franken. 100 Milliarden Franken fehlen den Frauen Jahr für Jahr!
Diese aggregierte geschlechtsspezifische Einkommenslücke (AGEL) zeigt die Einkommensflüsse und -lücken, die hinter dem prozentualen GOEG stecken und öffnet damit die Perspektive auf makroökonomische Verhältnisse: Wie gross ist die Einkommenslücke im Verhältnis zur Gesamtgrösse der Wirtschaft, sprich zur Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung? Wie gross ist sie im Verhältnis zur Grösse des Staates? Und was lässt sich im europäischen Vergleich feststellen?
Wir stehen erst am Anfang der möglichen Analysen: Bitte hier entlang.